»My future in the SS« NS-Provokationen im deutschen (Post-)Punk
Haus Mainusch, Mainz, Donnerstag, 27. Februar um 18:30 MEZ
Ein Vortrag von Frank Apunkt Schneider in Kooperation mit der Rosa Luxemburg Stiftung Rheinland-Pfalz
Als im New Yorker Frühpunk erstmals unkommentiert Hakenkreuze und NS-Zeichen auftauchten, war dies vor allem eine innerjüdische Angelegenheit: Jüdische Punks wie die Dictators benutzten sie, um sich mit der eigenen sekundären Traumatisierung als Nachgeborene der Überlebenden auseinanderzusetzen.
Als Punk dann wenig später nach Deutschland kam, wurde das provokante Spiel mit dem NS dankbar aufgegriffen.
Dieses scheinaffirmative Spiel war
wiederum eine innerdeutsche Angelegenheit: eine Abrechnung mit den eigenen (Groß-)Eltern, deren Lebenslügen genüsslich demontiert wurden.
Und doch standen die deutschen Punks damit noch immer in deren Tradition, weil ihre aggressive Wiederaneignung der deutschen Schuld die Auslöschung der europäischen Jüdinnen und Juden auf einer symbolischen Ebene wiederholte.
Plötzlich redeten die Kinder und Enkel der Täter*innen in einer verstörend neuen Weise über die Shoa, die Daniel Jonah Goldhagens »Hitlers Willing Executioners« vorwegnahm: Songs wie »Party in der Gaskammer« (Middle Class Fantasies) oder »Die lustigen Stiefel (marschieren über Polen« (Deutsch Amerikanische Freundschaft) und Gruppen wie Vadder Goebbels und die Nazi-Schlümpfe erzählten von der Shoa erstmals in der Wir-Perspektive und dekonstruierten damit die deutsche Vergangenheitsbewältigung.
Wie sich Textzeilen wie »Im KZ war’s doch so nett, nett, nett« (A+P) wohl in den Ohren der Überlebenden anhören mochten, darauf scheinen sie jedenfalls keinen Gedanken verschwendet zu haben.
Aus der Vortragsreihe »Kritik der Kulturnation« von Februar bis Juni 2025.
Ort:
27. Februar 2025 um 18:30
Haus Mainusch
Staudingerweg 23
55128 Mainz
https://events.rheinmain.social/event/my-future-in-the-ss-ns-provokationen-im-deutschen-post-punk